Wir haben alle unseren persönlichen Lieblingsapotheker. Vielleicht liegt er nahe beim Hausarzt oder auf dem Weg zur Arbeit oder wir haben ihn einfach auserkoren und machen auch mal einen Umweg, um in den Genuss von genau seiner Beratung zu bekommen. Und warum ist das so? Weil wir Medikamente nicht irgendwo kaufen, wo uns keiner kennt. Weil wir möchten, dass wir in der Beratung als Mensch gesehen werden und nicht als Nummer. Und nicht zuletzt, weil wir Wert darauf legen, die Einzelhändler im Veedel zu unterstützen.
Von Märkten und Pillendrehern
Vor 800 Jahren erledigte allein der Arzt das Verordnen und Zubereiten der heilenden Substanzen. Erst zwischen 1231 und 1241 entwickelte sich der Apotheker zu einem eigenständigen Beruf. Glichen anfangs die Apotheken noch einem Marktstand, entstanden mit wachsendem Wohlstand Apotheken mit eigenen Laboratorien. Zu dieser Zeit waren die Inhaltsstoffe der Medizin meist tierischen oder pflanzlichen Ursprungs. Es wurde gemörsert, zerstoßen, pulverisiert. Das Pillendrehen gehörte nicht nur zum Kerngeschäft der Apotheker – sie waren sein Meisterstück, mit viel Fingerspitzengefühl gefertigt.
Rezepturarzneimittel können Leben retten
Heute ist die Apotheke ein modernes Geschäft mit Warenwirtschaft – die meisten werden täglich mehrmals beliefert – und vielerorts ist der alte Apothekerschrank einem modernen Roboter zur Automatisierung der Medikamenteneinlagerung gewichen. Aber jede Apotheke hat immer noch ihr eigenes Labor, in dem Arzneien angemischt werden, sogenannte Rezepturarzneimittel. Im Jahr 2018 haben die öffentlichen Apotheken rund 6,1 Millionen Kapseln, Salben oder Tropfen für Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung hergestellt. Das ergab eine Auswertung von Verordnungen durch das Deutsche Arzneiprüfungsinstitut e. V. (DAPI).
»Rezepturarzneimittel sind in vielen Fällen lebenswichtig, zum Beispiel wenn ein Patient ein Medikament in einer Dosierung braucht, für die es kein industriell hergestelltes Arzneimittel gibt«, erklärt Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein e.V. Mit der Herstellung von Rezepturen leisten wohnortnahe Apotheken einen unverzichtbaren Beitrag zur Arzneimittelversorgung. »Zeitnah patientenindividuell Salben, Kapseln, Zäpfchen oder Säfte anfertigen – das geht nur in der Apotheke vor Ort. Der Prozess ist für die Apotheke sehr aufwändig, zeitintensiv und bedarf hoher Sachkenntnis. Leider wird der hohe Zeitaufwand nicht angemessen honoriert«, erklärt Apotheker Thomas Preis. »Die Rezepturherstellung gehört für die wohnortnahen Apotheken zu den so genannten ›Gemeinwohlpflichten‹, zu denen auch der Nacht- und Notdienst zählt.«
Das steht in keinem Beipackzettel
Fast jedes dritte Arzneimittel, das Apotheken abgeben, ist allein wegen seiner Darreichungsform beratungsintensiv – unabhängig vom Wirkstoff. »Apotheker beraten als Arzneimittelexperten nicht nur zu Wirkstoffen, sondern können ihren Patienten auch demonstrieren, wie sie komplexe Arzneiformen, zum Beispiel Augentropfen oder Pulverinhalatoren, richtig anwenden«, sagt Dr. Andreas Kiefer, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Arzneiprüfungsinstituts e.V. (DAPI) und Präsident der Bundesapothekerkammer. Werden Arzneimittel falsch angewendet, bemerken Patienten dies selbst meist nicht sofort. Auf Dauer können Fehlanwendungen aber die Wirksamkeit eines Präparats verändern oder zu unerwünschten Wirkungen führen. Kiefer: »Jeder Patient kann sich in der Apotheke die richtige Anwendung seiner Medikamente zeigen und erklären lassen. Bei einem Präparatewechsel, etwa wegen eines neuen Rabattvertrags, kann sich auch die Anwendung ändern.«
Fazit: Was Apotheker können, steht in keinem Beipackzettel!